Braunschweiger Zeitung, 17.September 2002

Brillantes Klarinettenspiel

Lesung und Musik in der Wasbütteler Friedenskirche

Wasbüttel. Lesung und Musik, kurz Lesik, wie der Abend in der Friedenskirche Wasbüttel betitelt war, versprechen eine spannende Mischung. Den Anfang machten Eugen Wall mit seinem Saxophon und Andreas Heidt am Klavier. Sie spielten den klassischen Choral “Gott ist gegenwärtig”.

Wer aber glaubte hier mitsingen zu können, sah sich getäuscht, es sei denn, er wäre geübt im Jazzgesang und freier Interpretation. Wie überhaupt die Musiker, zum Teil mit eigenen Arrangements, den Abend über mit ihrer Darbietungskunst überzeugen konnten. Egal ob die Melodien aus alter oder moderner Kirchenmusik entspringen, Eugen Wall versteht es mit seinem brillianten Saxophon- und Klarinettenspiel diese Musik in die Welt des Jazz, des Pop und der folkloristischen Klezmermusik zu transportieren.

Aber auch die Interpretation klassischer Stücke versteht er hervorragend und selbst bei den immer noch fremdartigen Klängen des Tango Argentino findet man bei seinem Spiel Zugang zu dieser, in einer Kirche wohl selten gespielten Musik. So ist es nicht verwunderlich, dass der Wolfenbütteler sowohl auf der Konzertbühne, als auch in Orchestergräben und in Produktionsstudios ein gefragter Musiker ist.

Hervorragend auf dem Klavier begleitet wird Eugen Wall durch (...) Andreas Heidt. Er ist Lehrer an der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg. Er gibt duch seine Arrangements den Werken anderer Musiker seinen eigenen Stil. Auch er ist auf der Konzertbühne ebenso zu Hause wie in Musikstudios.

Keine Ergänzung, sondern ein wichtiger Bestandteil des künstlerischen Abends war die Lesung durch den erfolgreichen Schriftsteller Albrecht Gralle aus Northeim. Ehe er von seiner Dichtkunst leben konnte, war er Pastor. An diesem Abend las er aus bisher unveröffentlichten Werken. Bekannt geworden ist Gralle unter anderem durch den Kriminalroman “Der Geschmack des Wunders”. Seine Nacherzählung des Markusevangeliums “Jesus starb in Berlin” verlgt das Kreuzesgeschehen in die heutige Zeit. (...)

Schaumburger Nachrichten, Mitttwoch, 22.9.2004

Piazzolla und Zwiebelkuchen

Clarissi.co begeistert im Gemeindezentrum

Stadthagen. Ein leichtes flockiges Sommerstück hat Pianist Andreas Heidt angekündigt. Von den Tasten und aus dem Saxophon, virtuos und samtweich gespielt von Eugen Wall, klang Whitney Houstens “Where you are”. Heidt, Stadtbereichsleiter an der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg und Wall, freier Musiker mit Engagements unter anderem an der Niedersächsischen Staatsoper und dem Staatstheater Braunschweig, musizierten im Gemeindezentrum der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde in der Teichstraße.

Der dritte Musiker der Formation “Clarissi.co” , Herbert Fuchs (Gitarre), musste wegen Krankheit seine Teilnahme am Konzert absagen.(...)

Clarissi.co unterhielt Musikkenner wie auch “Hineinhörer” vorzüglich, mischte aus Klassik, Jazz und Pop ein abwechslungsreiches Programm, das zum Entspannen einlud. Außer zum Saxophon griff Eugen Wall auch zur Klarinette. So interpretierten die Künstler den “Clarinetango” von Panasera und Kompositionen von Astor Piazzolla wie auch Choralbearbeitungen mit Perfektion und Einfühlung.

Eine weitere Dimension gewann der Abend durch den Schriftsteller Albrecht Gralle. Der Theologe schreibt seit 1976 Kurzgeschichten und Romane mit religiösem Inhalt. (...)

Früher waren sie Pflichtprogramm im Deutschunterricht. Heute wird  in der Schule mehr Wert darauf gelegt, ihre Bedeutungen und Hintergründe zu verstehen als sie auswendigzulernen: deutsche  Balladen. Für all diejenigen, die im Deutschunterricht nicht richtig aufgepasst haben oder die einfach einen neuen Zugang zu den  Klassikern der deutschen Literatur bekommen wollen, ist das Hörbuch "Balladen" eine Goldgrube.
Otfried Preußler und Heinrich  Pleticha haben die schönsten und berühmtesten Balladen gesammelt und  kommentiert. Die Hörcompany hat diese Sammlung vertont. Max Eipp trägt die Balladen vor, Gerhard Garbers spricht die Kommentare.
Jede Ballade erzählt eine Geschichte. Als Hintergrund dienen Volkssagen und Märchen, wahre Ereignisse oder frei erfundene Handlungen. Viele Balladen sind nur aus ihrer Zeit heraus zu verstehen. Dieses Verständnis wird durch die einleitenden Kommentare  erleichtert, ohne dem gesprochenen Text zuviel vorwegzunehmen.
Durch den hervorragenden Vortrag von Max Eipp erschließen sich alte Klassiker völlig neu. Denn neben der erzählten Handlung sind es vor allem Stimmungen, die durch Lyrik erzeugt werden. Eipp gelingt es, diese Stimmungen differenziert und eindringlich zu vermitteln.
Goethes "Erlkönig" und Annette von Droste-Hülshoffs "Der Knabe im Moor" lässt er so schaurig wirken, dass einem beim Zuhören leicht eine Gänsehaut über den Rücken läuft. Bertolt Brechts  "Kinderkreuzzug" schockiert mit den grausamen Kinderschicksalen  während des Polenfeldzugs zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Die obskuren Methoden des "Doktor Eisenbart" und die Hilflosigkeit des "Zauberlehrlings"  regen eher zum Schmunzeln an.
Eingespielte Musikimprovisationen  mit Klavier oder Klarinette lassen dem Ohr Zeit, das Gehörte zu verarbeiten und sich auf etwas Neues einzustellen. Die Balladen sind aufgeteilt in Balladen im Volkston, Balladen mit historischem  Hintergrund, Natur- und Schicksalsballaden sowie humoristische  Balladen. Die Erklärungen und Kommentare sind sehr anspruchsvoll. Es wird deutlich, dass sie ursprünglich als geschriebener Text und nicht zum Sprechen vorgesehen waren.
Obwohl Garbers den Text  klar und betont spricht, ist es bisweilen schwierig, längeren Sätzen  oder Sinnabschnitten zu folgen. Es lohnt sich aber in jedem Fall, gut hinzuhören. An dieser Auswahl aus Preußlers und Pletichas  "Großem Balladenbuch" werden alte Literaturkenner wie auch  Balladen-Laien ihre Freude haben!

Otfried Preußler und Heinrich Pleticha , "Balladen"
Gelesen von Max Eipp und Gerhard Garbers
Regie: Angelika Schaack
© 2002 Hörcompany Schaack und Herzog, Hamburg
1 CD, Laufzeit 78,04 Minuten ISBN 3-935036-23-X

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